Marsch für das Leben: Erst­mals pre­dig­te lan­des­kirch­li­cher Bischof

Foto: Ralf Meischner

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Ber­lin (idea) – Erst­mals hat ein lei­ten­der Reprä­sen­tant der evan­ge­li­schen Kir­che die Pre­digt beim „Marsch für das Leben“ gehal­ten. Der Bischof im Spren­gel Meck­len­burg und Pom­mern der Evan­ge­lisch-Luthe­ri­schen Kir­che in Nord­deutsch­land (Nord­kir­che), Hans-Jür­gen Abromeit (Greifs­wald), sprach im öku­me­ni­schen Abschluss­got­tes­dienst der Ver­an­stal­tung am 22. Sep­tem­ber in Ber­lin. Er rief dazu auf, Schwan­ge­re mehr zu unter­stüt­zen, und ver­wies dabei auf eine Aus­sa­ge des Apos­tels Pau­lus: „Einer tra­ge des andern Last, so wer­det ihr das Gesetz Chris­ti erfül­len“ (Gala­ter 6,2). In der Ver­gan­gen­heit hät­ten sich Chris­ten und Kir­chen oft mit dem Mund für das Leben ein­ge­setzt, aber nicht mit Taten, so Abromeit. „Wir müs­sen selbst­kri­tisch sagen, wir waren viel­leicht häu­fi­ger die Ver­tre­ter einer bür­ger­li­chen Moral als die Trä­ger der Last von schwan­ge­ren Frau­en, ledi­gen Müt­tern und jun­gen Fami­li­en.“ Abromeit for­der­te dazu auf, sich für Schwan­ge­re inten­si­ver ein­zu­set­zen, um die hohe Zahl von Abtrei­bun­gen zu reduzieren.

Gegen­de­mons­tran­ten war­fen Farbbomben

Ver­an­stal­ter des Mar­sches ist der Bun­des­ver­band Lebens­recht, einem Zusam­men­schluss von 13 Orga­ni­sa­tio­nen. Nach sei­nen Anga­ben betei­lig­ten sich an der über­par­tei­li­chen und öku­me­ni­schen Kund­ge­bung vor dem Ber­li­ner Haupt­bahn­hof 5.300 Per­so­nen. Im Vor­jahr waren es 7.500 Teil­neh­mer. In die­sem Jahr stand die Ver­an­stal­tung unter dem Mot­to „Men­schen­wür­de ist unan­tast­bar. Ja zu jedem Kind – Selek­ti­on und Abtrei­bung been­den“. Zur Teil­nah­me an Gegen­de­mons­tra­tio­nen hat­ten das Bünd­nis „What the fuck!“ (Was zum Teu­fel?) sowie das „Bünd­nis für sexu­el­le Selbst­be­stim­mung“ auf­ge­ru­fen. Zu die­sem gehö­ren unter ande­ren Bünd­nis 90/​Die Grü­nen und „Die Lin­ke“. Bei­de Bünd­nis­se for­dern, die Para­gra­fen 218 und 219 StGB zu strei­chen und damit ein Recht auf Abtrei­bung zu schaf­fen. 500 Poli­zis­ten schütz­ten die Teil­neh­mer des „Mar­sches für das Leben“ vor den mehr als 1.000 Gegen­de­mons­tran­ten, von denen sich Ein­zel­ne unter die Teil­neh­mer misch­ten und die Ver­an­stal­tung mit Paro­len stör­ten. Eini­ge war­fen Farb­bom­ben, eine davon brann­te. Wäh­rend des Schwei­ge­mar­sches wur­de ein älte­rer Mann tät­lich ange­grif­fen und zu Boden geworfen.

Bun­des­ver­band Lebens­recht: Mehr Infor­ma­tio­nen für das Leben mit Kind anbieten

Die Vor­sit­zen­de des Bun­des­ver­ban­des Lebens­recht, Alex­an­dra Maria Lin­der (Weuspert/​Sauerland) und die Bun­des­vor­sit­zen­de der Christ­de­mo­kra­ten für das Leben (CDL), Mecht­hild Löhr (Glashütten/​Taunus), for­der­ten, das Wer­be­ver­bot für Abtrei­bun­gen im Para­gra­fen 219a StGB bei­zu­be­hal­ten. Man müs­se mehr Infor­ma­tio­nen für das Leben mit Kin­dern anbie­ten, anstatt Wer­bung für deren Tötung im Mut­ter­leib zuzulassen.

Johan­nes Sing­ham­mer: Deutsch­land braucht Wer­bung für das Leben

In einem ver­le­se­nen Gruß­wort kri­ti­sier­te der ehe­ma­li­ge Vize­prä­si­dent des Bun­des­ta­ges, Johan­nes Sing­ham­mer (CSU), dass in einem so wohl­ha­ben­den Land wie Deutsch­land die finan­zi­el­le Not­la­ge einer wer­den­den Mut­ter oder eines Paa­res nicht der Grund für eine Abtrei­bung sein dür­fe. Er wand­te sich gegen For­de­run­gen, den Para­gra­fen §219a abzu­schaf­fen. „Deutsch­land braucht kei­ne Wer­bung für Abtrei­bun­gen, son­dern Wer­bung für das Leben“, so Sing­ham­mer. Auch bei der Kos­ten­über­nah­me für die Früh­erken­nung des Down­syn­droms bei unge­bo­re­nen Kin­dern durch die Kran­ken­kas­sen wer­de ein gefähr­li­cher Weg beschrit­ten. Eine erheb­li­che Zahl an Test­ergeb­nis­sen sei falsch. Zudem wür­de an Men­schen mit Down­syn­drom das Signal aus­ge­hen, sie hät­ten weni­ger Wert.

Zwei katho­li­sche Bischö­fe unter den Teilnehmern

Die Ver­an­stal­tung erhielt brei­te Unter­stüt­zeng von der römisch-katho­li­schen Kir­che. Anwe­send waren Erz­bi­schof Hei­ner Koch, Weih­bi­schof Mat­thi­as Hein­rich (bei­de Ber­lin) und der Regens­bur­ger Bischof Rudolf Voder­hol­zer. Gruß­wor­te über­mit­tel­te der Vor­sit­zen­de der Deut­schen Bischofs­kon­fe­renz, Kar­di­nal Rein­hard Marx (Mün­chen). Er erin­ner­te dar­an, dass die Tötung unge­bo­re­ner Kin­der kei­ne „nor­ma­le“ ärzt­li­che Dienst­leis­tung sei. Eine Abtrei­bung sei grund­sätz­lich mit „unse­rem Wer­te- und Rechts­sys­tem“ nicht ver­ein­bar. Wei­te­re Gruß­wor­te zum Marsch schick­ten der Bischof von Lim­burg, Georg Bät­zing, der Weih­bi­schof im Erz­bis­tum Köln, Domi­ni­kus Schwa­der­lapp, der Erz­bi­schof von Frei­burg, Ste­phan Bur­ger, und der Bischof von Pas­sau, Ste­fan Oster.

Gerin­ge Unter­stüt­zung der Landeskirchen

Gering fiel die Unter­stüt­zung von den evan­ge­li­schen Lan­des­kir­chen aus. Außer Abromeit war kein wei­te­rer evan­ge­li­scher Bischof vor Ort. Iden­tisch lau­ten­de Gruß­wor­te schick­ten der Lan­des­bi­schof der Evan­ge­li­schen Lan­des­kir­che in Würt­tem­berg, Frank Otfried July (Stutt­gart), und der Lan­des­bi­schof der Evan­ge­lisch-Luthe­ri­schen Lan­des­kir­che Sach­sens, Cars­ten Rent­zing (Dres­den). Dar­in heißt es, die hohen Abtrei­bungs­zah­len for­der­ten her­aus, nach den Grün­den zu fra­gen. Das The­ma Lebens­schutz müs­se eines der gan­zen Gesell­schaft blei­ben: „Hal­ten wir aber Abstand zu jenen Bewe­gun­gen, die unser Enga­ge­ment für das Leben aus­nut­zen oder benut­zen wol­len für ihre popu­lis­ti­sche Agen­da.“ Ein Gruß­wort vom EKD-Rats­vor­sit­zen­den, Lan­des­bi­schof Hein­rich Bedford-Strohm (Mün­chen), oder dem Rat der EKD gab es hin­ge­gen nicht. Das bestä­tig­te die stell­ver­tre­ten­de EKD-Pres­se­spre­che­rin, Kers­tin Kipp (Han­no­ver), gegen­über der Evan­ge­li­schen Nach­rich­ten­agen­tur idea. Kri­tik am Marsch äußer­te im Vor­feld der Ver­an­stal­tung der Bischof der Evan­ge­li­schen Kir­che Ber­lin-Bran­den­burg-schle­si­sche Ober­lau­sitz (EKBO), Mar­kus Drö­ge (Ber­lin), in der Bou­le­vard­zei­tung B.Z.: „Die­se Art von Demons­tra­ti­on hat bis­her mehr pola­ri­siert, als zu sach­li­chen Dis­kus­sio­nen anzu­re­gen.“ Des­halb betei­li­ge sich „die Evan­ge­li­sche Kir­che“ nicht dar­an. Noch 2013 hat­te Drö­ge selbst ein Gruß­wort geschrie­ben, sich 2014 aber öffent­lich distan­ziert und seit­her von einer Teil­nah­me abgeraten.

Quel­le: idea